Ich nehme Euch mit auf eine kurze Achterbahnfahrt der Gefühle. Von Resignation bis Hoffnung ist da alles dabei … 🎢 Und am Ende geht es natürlich wieder um mein Lieblingsthema: Lernt Eure Leser:innen kennen!
Ostern habe ich genutzt, um mal wieder in Ruhe zu lesen. „Das Prinzip Trotzdem” von Roger de Weck hatte ich recht schnell durch. An vielen Stellen habe ich mich bestätigt gefühlt – das hilft ja immer ganz gut, wenn man konzentriert etwas weglesen will … 😉 #Journalismus steht unter großem Druck. Ja, da muss sich etwas ändern. Ja, vermutlich auch politisch. Und sicher auch im Handwerk.
Aber gleichzeitig dämmerte beim Lesen in mir Resignation und Lethargie herauf. Dass Journalismus unter Druck steht, begleitet mich und alle Gleichaltrigen schon ein ganzes Berufsleben. Schon während unserer ersten Praktika Ende der 90er-Jahre durften wir uns anhören, dass wir uns doch lieber einen anderen Beruf aussuchen sollten.
Ich habe dann noch mal das taz-Archiv durchwühlt, weil ich mich an etwas erinnert habe. Vor 20 Jahren (!!) habe ich ein Interview mit dem Medienwissenschaftler (und meinem Ex-Prof.) Michael Haller geführt (Link in den Kommentaren). Darin sagte er:
„Die Bedrohung kommt von drei Seiten. Da ist der verschärfte Wettbewerb mit seinem Kommerzialisierungsdruck. Der fördert eine Nachrichtenauswahl, die nicht mehr viel mit dem zu tun hat, was man Relevanz nennen könnte. Zweitens bewirkt der ständige Abbau von Personal, dass in manchen Redaktionen selbst minimale Sorgfaltsregeln nicht mehr eingehalten werden können. Dazu kommt die instrumentelle Ebene: Journalisten müssen mit der sich rasant verändernden Kommunikationstechnik umgehen können.”
Da hab ich mich gleich wieder bestätigt gefühlt. In meiner Resignation. Die Problembeschreibung war vor 20 Jahren exakt die selbe wie heute. Damals Haller, heute de Weck. 🫤
Doch dann: Überraschung! 🎉 In dem Haller-Interview steckte noch etwas. Etwas an das ich mich nicht erinnern konnte, und dessen Tragweite ich damals, glaube ich, gar nicht geschnallt habe. Haller sagte:
„(…) Journalisten müssen sich verstärkt als Kommunikatoren verstehen und auf den Austausch mit den Rezipienten setzen. Das muss nicht im billigen Nutzwert enden, aber man wird sich mehr an den Bedürfnissen der Rezipienten orientieren. Der Auflagenrückgang der Tageszeitungen ist zum Teil auch der Schlafmützigkeit der Blattmacher geschuldet. Die machen noch immer Zeitungen wie vor 30 Jahren.”
20 Jahre später beschäftigen sich Redaktionen tatsächlich mit #UserNeeds. Einige versuchen sogar Ihre Leser:innnen und deren Informationsbedürfnisse wirklich kennenzulernen und zu verstehen … Es hat ein bisschen gedauert – und in Roger De Wecks Essay findet sich der Punkt Kenne-Deine-Leser:innen leider nur nur am Rande – aber mir macht das durchaus Hoffnung. Es verändert sich etwas. Heute macht man definitiv nicht mehr Zeitung wie vor 30 Jahren.
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